Eine Geschichte zum Nachdenken.



Wenn Weihnachtsgeschenke erzählen.
von Karin Lemanowicz

Es war am Abend, zwei Tage vor Heiligabend. Die Stadt strahlte im Glanz der Lichter. Emsig liefen die Menschen in den Straßen von Kaufhaus zu Kaufhaus um noch die letzten Weihnachtseinkäufe zu erledigen und die letzten Weihnachtsgeschenke zu besorgen. Vom Weihnachtsmarkt her duftete es nach leckeren Bratwürstchen und würzigem Schaschlik.

Kaum einer der Menschen achtete auf den großen Hund der sich hinter den Imbissbuden an den Abfallkübeln bediente. Er verschwand hinkend in den angrenzenden Park nahe des Weihnachtsmarktes in einem der Gebüsche, eine von den Menschen weggeworfene Wurst noch im Maul.

Mori, eine abgemagerte graugetigerte Katze wartete dort auf ihn und machte sich gierig über den Rest der Bratwurst her. Beide, Hund und Katze hatten sich vor kurzem hier angefreundet. Der Hund lief schon seit Tagen hungrig und frierend von Imbißstand zu Imbißstand. Ab und zu gaben ihm tierfreundliche Menschen mal ein Stück von der Wurst, vom Fisch, von der Pizza, so lebte er mehr schlecht als recht. Satt wurde er nicht richtig von den Happen.

Es fing an zu schneien. Der Hund und die Katze hatten sich eine große stabile Holzkiste ausgesucht, die von Menschen in den Gebüschanlagen entsorgt worden war, neben noch anderem Unrat der dort herumlag. Beide waren völlig erschöpft und krochen zusammen, schmiegten sich aneinander um die Kälte nicht ganz so zu spüren.

Obwohl beide sehr müde waren, konnten sie nicht einschlafen.
"Wie heißt du eigentlich" fragte der Hund
"Ich heiße Mori" antwortete die Katze "und ich lebe schon seit 5 Monaten hier im Park."
"Ich heiße Oskar und bin auch seit ein paar Monaten unterwegs"

Eine ganze Zeit war es still. Man hörte Mori wimmern und sie rückte näher an Oskar. Oskar leckte ihr über die entzündeten Augen und über die verschnupfte Nase.

Miau miau....... fing Mori an zu reden. "Voriges Jahr am Heiligen Abend saß ich unter dem Weihnachtsbaum mit einem Schleifchen um den Hals und in einem rosa Plüschkörbchen. Ich war die geschmückte Weihnachtsüberraschung unterm Tannenbaum für ein kleines verwöhntes Mädchen. Sie nannten mich >Mori<. Es ging mir die erste Zeit gut, ich bekam leckeres Futter, hatte viel Spielzeug und alle fanden mich sooooo süß. Ich wurde auch kastriert, alles war ein paar Monate schön. Aber dann verlor das Gör des Hauses das Interesse an mir. Mein Katzenklo wurde nicht mehr so penibel saubergemacht und es stank manchmal, das es meine Nase nicht aushalten konnte. Ich suchte mir andere, sauberere Stellen und pinkelte auf Wäsche, Badematten und Decken. Das Futter kam nicht mehr so regelmäßig und ich stibitzte Essen von der Küche und räumte die Mülleimer aus. Ich fühlte mich unverstanden denn keiner spielte mehr mit mir. Ich zerkratzte Tapeten, das Sofa und spielte in den Gardinen. Ich wurde nur noch geschimpft und sogar geschlagen."
Als ich das kleine Mädchen in die Hand biss weil sie mir ein Puppenkleidchen anziehen wollte, wurde ich ausgesetzt. Ich irrte lange durch die Straßen, suchte ein neues Zuhause oder einen Menschen der mich mitnahm. Ja - und nun lebe ich seit ein paar Monaten hier im Park wo ich ein bißchen Schutz habe. Im Sommer ist das auch alles zu ertragen, aber der Winter ist kalt und hart und macht mir zu schaffen, ich wurde kränklich."

Wau wau....."mir erging es fast genauso," fing Oskar an zu erzählen. "Ich wurde auch am Heiligen Abend das Weihnachtsgeschenk für 2 kleine Jungens. Großer Jubel.....ooooh ein kleiner Hund, der ist ja soooo süüüüß. Man nannte mich >Oskar<. Auch ich hatte dann auch ein paar schöne Wochen, bis man merkte, das ich zuviel Arbeit machte.

5 bis 6 mal am Tag mit einem Welpen Gassi gehen zerrte an den Nerven der Familie, so kam es immer öfter vor das Pfützchen und Kothäufchen in der Wohnung zu finden waren. Was sollte ich denn machen? Das ich gerne lernen wollte und hundegerecht beschäftigt werden wollte, verstand man nicht. Dann bekam ich Schläge, weil ich mir meine Beschäftigung selber suchte und mal hier was kaputt biss und mal die Lederjacke von Herrchen ruinierte. Als ich dann das Handy vom Herrn des Hauses kaputtbiss, setzte man mich aus. Und so lebe ich auch schon seit Monaten auf der Straße. Manchmal hatte mich jemand aufgenommen und ich lebte mal hier in einer Werkstatt und bekam zu essen oder mal da auf einem Hof oder Schrottplatz, aber so richtig dauerhaft wollte mich keiner haben, so zog ich immer weiter. Zufällig entdeckte ich vor ein paar Tagen diesen Park und da er in der Nähe der Imbissbuden vom Weihnachtsmarkt ist, habe ich mich vorerst hier niedergelassen, denn es fällt immer ein Happen zu fressen ab. Und es ist so schön dich kennengelernt zu haben liebe Mori."



Und Mori sagte: "Oskar du bist ein prima Kumpel"
Beide wußten das war der Beginn einer wunderbaren Freundschaft.

Sie kuschelten sich noch enger zusammen in ihrer armseligen Holzkiste. Oskar grunzte und Mori schnurrte. Sie spürten die Kälte nicht mehr so sehr. Wahrscheinlich weil beide so glücklich waren nicht mehr alleine zu sein.
Mori war schon kurz vorm einschlafen.

"Du?" fragte sie Oskar. "Ob auch in diesem Jahr wieder so viele Tiere unterm Weihnachtsbaum sitzen werden?"

"Das wird sich bei den Menschen niemals ändern und es werden nach Weihnachten wieder einige Tiere auf der Straße und im Tierheim landen, weil man sich keine Gedanken gemacht hat, das Tiere Arbeit machen und Bedürfnisse haben" antwortete Oskar.

Mori antwortete nicht mehr, sie war schnurrend eingeschlafen. Und Oskar murmelte "ach Mori, du bist mein liebstes und schönstes Weihnachtsgeschenk"